Man kann zu dem geplanten Bauvorhaben am Samuel-von-Brukenthal-Platz stehen wie man will. Wir finden: Da soll und darf jeder seine eigene Meinung haben. Die Stellungnahme von Herrn Wenzel Hammerl möchten wir jedem ans Herz legen, weil darin wichtige Fragen gestellt werden – nicht nur zum Samuel-von-Brukenthal-Platz!

 

Stellungnahme von Herrn Wenzel Hammerl zum Bürgerentscheid

Ehrenbürger der Stadt Dinkelsbühl und CSU Ehrenvorsitzender

In den neunziger Jahren stand auch Dinkelsbühl vor großen Herausforderungen. Deutschstämmige Bürger aus Russland, Polen, Armenien und dem Kosovo, später auch aus der DDR, konnten nach Deutschland ausreisen. Zuletzt waren es bis zu 800.000 Menschen im Jahr. Auch Dinkelsbühl war gefordert. Wir hatten 4 Übergangs-wohnheime, eines davon baute die kath. Kirche am Samuel-von-Brukenthal-Platz mit Zuschüssen der Regierung, erschlossen vom Neunmorgenweg. Diese Wohnungen bestehen heute noch. Vor Ort betreut wurden die Wohnheime von der Stadt und den Kirchen.

Damals war ich Stadtrat und Kirchenrat und wurde beauftragt, als Sozialreferent diese Aufgabe zu übernehmen. Mit Freude und Leidenschaft nahm ich diesen Auftrag an. Zusammen mit dem Stadtrat, mit Bürgermeister Dr. Walchshöfer und später mit Oberbürgermeister Otto Sparrer und den Kirchen bewältigten wir diese Herkulesaufgabe. Wir besorgten Wohnungen über die Stadt, über die Baugenossenschaft und privat, vermittelten Arbeit in den Firmen im Landkreis und betreuten die Spätaussiedler. Wöchentlich besuchte ich die 4 Heime und besprach mit den Leuten ihre Probleme.

Die Menschen, die in Dinkelsbühl blieben, konnten wir gemeinsam gut integrieren und das alles ohne Hilfe von außen.

Bei dem Bau des Übergangswohnheims war uns klar, dass man auf der Restfläche eine Begegnungsstätte für Jung und Alt errichten könnte. Es gab ja keine Zufahrt mehr zu dem Grundstück!

Wie die jetzigen Verantwortlichen von Stadt und Kirche auf die Idee kommen, dort einen Wohnklotz zu errichten, ist mir unbegreiflich. Es war doch vorauszusehen, dass sich dadurch sozialer Unfrieden breit macht.

Die Stadt hat bis heute kaum bezahlbaren Wohnungen neu geschaffen, im Gegenteil. Darüber wurde ja schon viel geschrieben. Nur ein Beispiel: Unser Altenheim in der Hospitalanlage, das Haus B musste als Altenheim 1990 geräumt werden, weil die Stadt beschloss, das ganze Haus für das Museum auszubauen. Die Stiftungsaufsicht unter Direktorin Frau Holzberger hat in einem Schreiben vom 24. 4. 1991 an die Stadt mitgeteilt „Hauptzweck der Hospitalstiftung ist die Unterhaltung des Altenheims.“ Das Museum kam dann ins Alte Rathaus. Ich stellte als Altenheimreferent im Stadtrat Anträge, das leer stehende Gebäude Haus B zu altersgerechten Wohnungen und als Tagespflege auszubauen.

Nun steht es seit 18 Jahren leer und man spricht dauernd von fehlenden Sozialwohnungen und sozialen Einrichtungen. – Ist das nicht ein Skandal?

„Sozialer Unfrieden beruhigt sich nicht mehr“ stand in der FLZ nach einer Stadtratssitzung. Ich verstehe es überhaupt nicht, dass der OB und die Mehrheit im Stadtrat der Kirche als Besitzer eines Restgrundstückes ohne Zufahrt den Bebauungsplan ändern will. Noch dazu planen Stadt, kath. Kirche und Investor (GBI AG) eine Zufahrt auf städtischem Grund und die Anlieger werden dadurch nachweislich schwer belastet.

Die Kirchenverwaltung lehnt eine Zufahrt auf ihrem Grundstück strikt ab, weil dort die Mieter ihrer bestehenden Wohnungen belästigt werden könnten. Für mich unbegreiflich!

Dass die betroffenen Bürger sich zusammenschließen und Beschwerde einlegen, ist für mich voll nachvollziehbar. Deshalb stehe ich persönlich auf der Seite der Betroffenen und wünsche ihnen weiterhin Mut und Kraft.

Daher meine Stimme beim Bürgerentscheid am 10. Juni 2018 ein „JA“ für die Bürgerbewegung!

Ich, als CSU Ehrenvorsitzender und als aktives Mitglied der kath. Ortskirche, bin tieftraurig und leide sehr unter den Zuständen von heute. In meiner 30-jährigen Stadtrats- und Kirchenratstätigkeit war ich nie so enttäuscht wie heute. Unter den Bürgermeistern Schenk, Dr. Walchshöfer und Sparrer und den Stadtpfarrern Kranzfelder und Dr. Möslang gab es natürlich auch hin und wieder Meinungsunterschiede, die aber beigelegt wurden ohne Spuren großer Enttäuschungen zu hinterlassen.

Dabei wäre doch eine Lösung dieses Problems ganz einfach. Die Stadt hat einen Bebauungsplan (Gaisfeld IV) präsentiert. Dort ist Platz für 600 neue Wohneinheiten. Wir brauchen bezahlbare Wohnungen. Die sog. Stiftung kann doch von der Stadt einen Bauplatz kaufen und dort ihre 24 Wohnungen bauen. Noch wichtiger ist aber, dass die Stadt selbst sozial geförderte Wohnungen baut. Die Stadt ist ja schließlich dafür zuständig und verantwortlich, dass für die Bedürftigen bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.

Wer trägt die Schuld daran, dass das Bauamt laut OB Hammer „überlastet“ ist? Warum ist der Stadtbaumeister, Herr Göttler, wirklich gegangen (FLZ 2. 11. 2017)?

Eigentlich haben wir ja auch einen Stadtrat, der bei den Entscheidungen über eine Mehrheit verfügt und ganz besonders den Bürgern gegenüber verpflichtet ist und nicht vorrangig dem OB.

Nur wenn die Verantwortung bei der Stadt liegt, kommen die wirklich Bedürftigen zum Zug. Da habe ich jahrelange Erfahrung als Sozialreferent und mir kann da keiner etwas vormachen!

Wir könnten dort auf der grünen Wiese eine soziale Tat einbringen ohne Streit und Beleidigungen, so wie es von der damaligen Kirchenverwaltung unter Stadtpfarrer Dr. Möslang vorgesehen war:

„Einen Platz der Begegnung für Jung und Alt zu schaffen“; den könnte man dann „Platz des Friedens“ nennen.

Die Kirche würde dadurch nicht in finanzielle Not geraten.

Der Katholikentag in Münster, der vor einigen Tagen zu Ende gegangen ist, stand unter dem Leitwort „Frieden suchen“.

 

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Wenzel Hammerl