ProAltstadt Dinkelsbühl e.V.
Dinkelsbühl, den 15.02.2018 

Pressebeitrag zur Auftakt-Veranstaltung für eine gemeinsame Stadtentwicklung mit dem Thema „Wie eine Stadt es schafft, sich selbst zu erneuern“ mit Peter Klöckner, dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hachenburg, am Mittwoch, den 14.02.2018 um 19 Uhr im kleinen Schrannensaal. Herr Klöckner hat in seiner Zeit als Stadtbürgermeister die Innenstadt in Hachenburg wieder beleben können.

Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich immer!
Der Verein ProAltstadt Dinkelsbühl hat mit dem Thema der Auftaktveranstaltung anscheinend den Nerv der Stadtbewohner getroffen. Obwohl am Aschermittwoch parallel zu anderen Veranstaltungen platziert, hat diese Veranstaltung viele interessierte Besucher angezogen und den kleinen Schrannensaal bis auf den letzten Platz gefüllt (ca. 120 Besucher).

Der Gastredner Peter Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hachenburg und ehemaliger Stadtbürgermeister der Stadt Hachenburg ist langjähriger Kommunalpolitiker und ausgezeichneter Kenner der Materie. Er hat es in seiner sympathischen und authentischen Art geschafft, die Besucher in seinen Bann zu ziehen und in spannender und unterhaltsamer Art und Weise am u.a. am Beispiel Hachenburg darüber berichtet, wie sich eine Stadt von innen heraus und in gemeinsamer Arbeit erneuern kann. Viele der geschilderten und gelösten Probleme könnten auch für die Stadtentwicklung Dinkelsbühls als Beispiel dienen. So haben es auch die Besucher gesehen und in einer anschließenden lebendigen Diskussion viele interessante Parallelen hergestellt.

Laut Aussage von Herrn Klöckner haben die meisten kleineren Städte in den letzten Jahrzehnten ähnliche Veränderungen durchlaufen. Noch vor 30 oder 40 Jahren war eine Immobilie in der Altstadt fast unbezahlbar, die Mieten für Ladengeschäfte hoch und trotzdem waren abends die Kassen gefüllt. Stadt- und Umlandbewohner tätigten ihre Einkäufe überwiegend in ihrer Stadt. Das änderte sich nach und nach mit der Ansiedlung großer Filialen und Geschäfte auf der grünen Wiese, die durch ihr Parkplatzangebot direkt vor der Tür immer mehr zur ernsten Konkurrenz der Altstadtgeschäfte wurden. In den Innenstädten brachen die Umsätze ein, es entstanden Leerstände, die Kinder wollten die Geschäfte ihrer Eltern nicht mehr übernehmen – das Ladensterben begann! Dinkelsbühl steht also mit diesem Problem nicht alleine da und doch hat es seine Einzigartigkeit behalten, wie Herr Klöckner betonte. Denn wenn man als Fremder in diese Stadt kommt, fragt man sich, wo hier eigentlich das Problem ist. Es gibt noch ein pulsierendes städtisches Leben und viele interessante Ladengeschäfte. Wohltuend für das Auge eines Besuchers, denn es fehlen die typischen Filialen, die inzwischen fast Deutschlandweit jede Stadt mit der anderen vergleichbar machen.

In Hachenburg hat man den Missstand erkannt und bei etwa 20% Leerstand begonnen, sich ernsthafte Gedanken zu machen, wie das Problem beseitigt werden könnte. Das ging schließlich nur zusammen mit einem aktiven Rathaus, den Immobilienbesitzern, Einzelhändlern, Bürgerinnen und Bürgern und einer örtlichen Bank mit seiner Immobilienabteilung. Die Bürger bekamen einen direkten Draht ins Rathaus, ihre Ideen waren gefragt und wurden ernst genommen. Man hat die Eigentümer gebeten, günstigere Ladenmieten zu erheben und sie gleichzeitig mit üppigen Fördermitteln bei der Renovierung ihrer Häuser unterstützt. Auch im kulturellen Bereich wurde einiges verbessert, um die Bevölkerung wieder in die Innenstadt zu locken. Die Maxime Hachenburgs ist laut Bürgermeister Klöckner: „Leben in der Stadt heißt: Wohnen, Kultur, Disput austragen, Einkaufen!“

Denn wenn man Menschen in die Stadt holt, bedeutet dies Kaufkraftvermehrung! Wenn dies alles gelebt werden kann, ist eine Stadt attraktiv!“

Doch eine Stadt besteht nicht nur aus Einkaufen. Die Aufgabe des Rathauses besteht u.a. auch darin, sich zu fragen, warum und wann Bürger und Besucher in die Stadt kommen oder auch nicht. Wie schafft es eine Stadt, auf sich aufmerksam zu machen. Hachenburg hat darauf folgende Antworten gefunden: „Die kommunale Infrastruktur fördern, strukturierte und transparente Politik machen, kulturelle Angebote mit dem Einzelhandel koordinieren und „Leerstandsmanagement“ zur Chefsache machen – so berichtete Herr Klöckner aus seiner Zeit als Bürgermeister der Stadt. Das bedeutet viel Einsatz und Arbeit, Rückschläge bleiben nicht aus und trotzdem muss die Lust erhalten bleiben, seine Stadt nach vorne zu bringen. Auch im kulturellen Bereich wurde viel getan, um die Bevölkerung wieder in die Innenstadt zu locken. Es wurde ein hauptamtlicher Kulturwissenschaftler eingestellt und die Stelle ist bis heute hauptamtlich besetzt.

Bei der anschließenden Diskussions- und Fragerunde haben die Besucher der Veranstaltung hinterfragt, ob und wie man die Erfahrungen aus Hachenburg auf Dinkelsbühler Verhältnisse übertragen könnte.

Der Ablauf der Diskussion wie folgt im Detail:

Fragen / Diskussion

Frage: Was haben Sie in Sache „Grüner Wiese“ unternommen?
Antwort: Wichtig ist, die grüne Wiese an die Innenstadt anzubinden. Wie kann es gelingen die Leute in die Stadt zu bringen? Hachenburg hat Alleen gepflanzt, Wege gestaltet und andere interessante Angebote wie das Kulturangebot intensiviert.

Frage: Wie groß war der Leerstand?
Antwort: 20 %. Leerstand wurde in dieser Zeit nahezu beseitigt bis auf wenige Ladenlokale. Allerdings bleibt das Thema eine Daueraufgabe für alle Akteure.

Frage: Wie wichtig ist bei Ihnen der Denkmalschutz
Antwort: Sehr wichtig! Denkmalschutz muss stringent sein! Was wäre DKB ohne Denkmalschutz? Der Ort muss für etwas stehen, muss eine Marke sein. Hachenburg hatte zwei Förderprogramme: Fassadenprogramm und ein Programm zur durchgreifenden Modernisierung von Gebäuden. Das eine Programm ist stadtfinanziert und das andere speist sich aus Bundes- Landes und kommunalen Mitteln über die Städtebauförderung. Man muss den Bestand erhalten, darf nicht leichtfertig zerstören, was über Jahrhunderte gewachsen ist! Wichtig ist die Frage: „Wofür setze ich Geld ein und wie kommt man miteinander ins Gespräch?“

Frage: Was tun Sie für die Jugendarbeit?
Antwort: Hachenburg hat ein Kino mit 5 Sälen was sehr gut frequentiert ist. Das Kino liegt günstig am Rande der Innenstadt unmittelbar neben dem Bahnhof. Es gibt etwa 100 Veranstaltungen im Jahr mit Kultur- und Bildungsarbeit.

Frage: Wie kann man Leerstände beheben? Wie findet man Interessenten für leerstehende Geschäfte?
Antwort: Man muss zunächst Risiken eingehen. Hachenburg hat eine Medienoffensive gestartet und nach außen die Situation dargestellt. Den potentiellen Interessenten hat man signalisiert: Wir helfen euch! Wir nehmen euch an die Hand und wir sagen euch woher ihr Unterstützung und Förderungen bekommt.

Frage: Wie gehen Sie mit Werbeschildern im Außenbereich in der Innenstadt um?
Antwort: Stringent. Unzulässige Werbeschilder wurden entfernt, falls sie gegen die Baugestaltungssatzung verstießen, damit das Flair nicht verloren geht. Es muss aber immer die Frage nach dem rechten Maß gestellt werden.

Frage: Wie haben Sie die Parkhäuser finanziert?
Antwort: Die Parkhäuser wurden über Bund und Land über ein Stadtkernsanierungsprogramm mitfinanziert, was deshalb finanziell für die Stadt unproblematisch war. Sie grenzen gleich an den Stadtkern an. Hachenburg hat viele hundert Parkplätze, davon ca. 250 Parkhaus-Parkplätze. Weil die Haupteinkaufsstraßen sehr eng sind, ist parken dort nicht möglich, was in Hachenburg ein Nachteil ist. Die Parkhäuser, die in Regie der Stadt sind, haben moderate Parkgebühren ( 0,50 € pro Stunde). Für Dinkelsbühl sieht Herr Klöckner den Vorteil, dass die Bürger mit dem Auto noch vor die Geschäfte fahren können.

Frage: Was wurde für den Einzelhandel getan?
Antwort: Ideen sammeln, umsetzen und miteinander verbinden. Es wurde u.a. ein Unternehmen beauftragt, welches Testeinkäufe gemacht hat. Diese Testeinkäufe wurden dann mit dem Händler besprochen, im Hinblick darauf, wie man sich verbessern kann. Das Unternehmen hat untersucht: welche strukturellen Defizite die Stadt und der Einzelhandel hat und wie sich die Stadt nach außen darstellt. Wichtig im Hinblick auf den Wettbewerb sind einheitliche Öffnungszeiten, was schwer umzusetzen ist und in Hachenburg leider nicht gelungen ist.

Frage: Wo würden Sie ein Stadtmarketing ansiedeln?
Antwort: Im Rathaus. Das muss eine starke Person sein, die Einzelhandel, Kultur & Tourismus und die Wirtshäuser zusammenbringt. Und es müssen alle wollen!

Frage: Wie ist ihr erster Eindruck von Dinkelsbühl?
Antwort: Dinkelsbühl ist ein intakter Ort mit Potenzial und einer Vielfalt im Einzelhandel. Rothenburg erscheint mir dagegen eher als Kulisse.

Frage: Wie haben Sie ihre Projekte finanziert?
Antwort: Im wesentlichen über die Städtebauförderung. Sie erstellen einen 10-Jahresplan, wo aufgeführt sein muss, welche Projekte umgesetzt werden sollen. Mit professioneller Unterstützung beim Weg durch den Förderdschungel erreicht man dann evtl., dass bis zu 70% gefördert wird.

Frage: Haben Sie bebauungsplanfreie Zonen?
Antwort: Bebauungsplan ist wichtig, er bestimmt das Maß und Ziel und die Art von Baumaßnahmen. Wir haben manchmal nur Bebauungsplan-Entwürfe, damit wir flexibel sind. Die Stadtpolitik muss aber immer entscheiden, was sie zulassen will und was nicht.

Frage: Welche Negativbeispiele gibt es?
Antwort: Es ist manchmal mühsam, Menschen zu überzeugen.

Abschließendes Fazit der Ausführungen von Herrn Klöckner:

  • Städte müssen sich als Marke begreifen!
  • Wichtig ist das Engagement, mit dem ich an Themen rangehe!
  • Man soll das Ziel nie aus den Augen verlieren!
  • Kommunalpolitik geht Alle an und ist nicht nur Thema für den Bürgermeister und den Stadtrat!

Anwesende Stadtratsfraktionen: SPD, Grüne, Freie Wähler Stadt, Wählergruppe Land